Erfolg für Freie vor dem Bundesarbeitsgericht

Zwei BAG-Urteile stärken die tariflichen Ansprüche von Freien beim Deutschlandradio

Es geht um Urlaubsgeld und Bildungsurlaub
05.04.2024

Für viele freie Mitarbeiterinnen war es schon lange ein Dorn im Auge: Bei der Berechnung des Urlaubsentgeltes wurden beim Deutschlandradio seit 2018 Wiederholungshonorare nicht mehr mitberechnet. Zwar hatte Deutschlandradio das zuvor über Jahrzehnte hinweg getan. Doch mit der Umstellung der Honorarabrechnung im Jahr 2018 - sie wurde vom ZDF als Dienstleister auf den WDR übertragen - sollte das plötzlich nicht mehr gelten. Als Begründung gab Deutschlandradio an, man habe ein höchstrichterliches Urteil des Bundesfinanzhofes gefunden, das dies rechtfertige. Das angeführte Urteil des Bundesfinanzhofes (VI R 49/02) aus dem Jahr 2006 jedenfalls hatte mit den Urlaubsansprüchen von Freien nur wenig zu tun. Dem ver.di-Senderverband Deutschlandradio erschien es lediglich vorgeschoben, vermutlich um Verwaltungs-Prozesse bei Deutschlandradio mit denen des nun abrechnenden WDR anzugleichen. Deshalb entschloss sich ver.di, eine sogenannte Verbandsklage anzustrengen, bei der geklärt werden sollte, wie die Bestimmung zur Berechnung der Urlaubsgeldhöhe im maßgeblichen Urlaubstarifvertrag für arbeitnehmerähnliche Personen auszulegen ist. Der DJV schloss sich später der Klage an. In besagtem Urlaubstarifvertrag ist von der „Summe der Entgelte“ die Rede, die Mitarbeitende im Bemessungszeitraum erhalten haben. Plötzlich sollten also Wiederholungshonorare nicht mehr zu den Entgelten gehören, weil es Lizenzzahlungen seien, die in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit einer Arbeitsleistung stehen würden. Urlaub sei man aber nur für geleistete Arbeit schuldig und nicht für die Einräumung von Nutzungsrechten. Jahrzehnte sah Deutschlandradio das anders. Sowohl vor dem Arbeits- als auch dem Landesarbeitsgericht Köln kam Deutschlandradio aber mit seiner Argumentation nicht durch. Auch das Bundesarbeitsgericht hat entschieden (9 AZR 39/23), dass diese Argumentation nicht zieht. Wiederholungshonorare müssen jetzt wieder mitberechnet werden, wenn es um die Höhe des tariflichen Urlaubsentgeltes für Freie geht.

Im zweiten Urteil des BAG (es fiel am gleichen Tag wie das über Wiederholungshonorare) ging es um tarifliche Ausgleichszahlung und um Urlaubsentgelt für gesetzlichen Bildungsurlaub. Ein freier Mitarbeiter des Deutschlandradio hatte geklagt. Er stellte 2020 fest, dass er erheblich weniger Honorareinkünfte hatte als im Jahr zuvor und stellte deshalb einen Antrag auf Ausgleichszahlung. In seinem Fall musste Deutschlandradio das Honorar für 2020 auf 90% des Vorjahreshonorares zzgl. tariflicher Steigerung ausgleichen - das war unstrittig, weil der Tarifvertrag für arbeitnehrmerähnliche Personen das so bestimmt. Allerdings wollte Deutschlandradio das Entgelt für Bildungsurlaub nicht anerkennen, dass der Freie Mitarbeiter im Jahr 2019 für einen fünftägigen Bildungsurlaub von Deutschlandradio erhielt. Begründung: Bildungsurlaub sei kein Urlaub im herkömmlichen Sinne und die die Zahlung dafür auch kein Honorar. Deshalb könne die Zahlung nicht berücksichtigt werden. Für den Freien entstand ein Schaden von mehr als 900 Euro, die ihm an Ausgleichszahlung weniger gezahlt wurden. Er argumentierte, auch die Zahlung für den Bildungsurlaub sei eine Honorar-Ersatzleistung, die er dafür erhalte, damit ihm wegen des Bildungsurlaubs kein wirtschaftlicher Schaden entstehe. Auch das entsprechende NRW-Gesetz über den Bildungsurlaub verbiete es, Bildungsurlaub anders als Erholungsurlaub zu behandeln. Mit Unterstützung von ver.di zog der Freie Mitarbeiter vor das Arbeitsgericht Köln, wo er zunächst unterlag. In der von ver.di unterstützten Revision vor dem Landesarbeitsgericht und schließlich vor dem Bundesarbeitsgericht (9 AZR 38/23) bekam er Recht.

 Die beiden beim BAG entschiedenen Verfahren tragen die Aktenzeichen 9 AZR 38/23 und 9 AZR 39/23 und beziehen sich u.a. auf die Entscheidung des LAG Köln vom 15.11.2022 - 4 Sa 71/22 und 4 Sa 72/22.